Immobilien als Schenkung – rechtliche Aspekte, Steuern und wichtige Absicherungen
Warum eine Immobilie zu Lebzeiten verschenken?
Sie möchten Ihr Haus oder Ihre Wohnung schon jetzt an Ihre Kinder übertragen? Das ist eine weitreichende Entscheidung, die gut durchdacht sein will. Denn wer einmal verschenkt hat, kann nicht so einfach zurück. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Planung lassen sich erhebliche Steuervorteile nutzen und familiäre Streitigkeiten vermeiden.
Eine Schenkung unterscheidet sich grundlegend vom Vererben. Sie erfolgt zu Lebzeiten und bietet Ihnen die Möglichkeit, den Vermögensübergang aktiv zu gestalten. Viele Eigentümer nutzen diese sogenannte vorweggenommene Erbfolge, um Freibeträge mehrfach auszuschöpfen und die Steuerlast für die nächste Generation deutlich zu senken. Doch neben den steuerlichen Aspekten gibt es rechtliche Stolpersteine, die Sie unbedingt kennen sollten.
In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wichtige rund um die Schenkung von Immobilien. Von den steuerlichen Rahmenbedingungen über die notarielle Beurkundung bis hin zu Ihren persönlichen Absicherungsmöglichkeiten durch Nießbrauch oder Wohnrecht.

[fs-toc-h2]1. Was bedeutet rechtlich eine Immobilienschenkung?
Eine Schenkung ist laut Gesetz die unentgeltliche Zuwendung eines Vermögenswerts. Bei einer Immobilie übertragen Sie also Ihr Eigentum, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen. Das klingt erst einmal einfach. Doch der Teufel steckt im Detail.
Der wichtigste Punkt: Die Schenkung muss freiwillig erfolgen. Beide Seiten müssen sich darüber einig sein, dass die Übertragung ohne Bezahlung stattfindet. Wenn Sie etwa vom Beschenkten verlangen, den vollen Marktwert zu zahlen, liegt keine Schenkung mehr vor, sondern ein Kaufvertrag.
Anders verhält es sich bei der gemischten Schenkung. Hier kombinieren Sie Elemente eines Kaufs mit einer Schenkung. Beispiel: Ihr Haus ist 500.000 Euro wert, der Beschenkte zahlt aber nur 150.000 Euro. Die Differenz von 350.000 Euro gilt dann als Schenkung. Solche Konstruktionen können steuerlich sinnvoll sein, erfordern aber eine genaue Prüfung.
[fs-toc-h2]2. Schenkungssteuer und Freibeträge clever nutzen
Jetzt wird es richtig interessant. Denn bei der Schenkungssteuer gibt es großzügige Freibeträge, die Sie strategisch einsetzen können. Diese Freibeträge richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Geschwister, Nichten, Neffen: 20.000 Euro
Das Besondere: Diese Freibeträge können Sie alle zehn Jahre neu ausschöpfen. Ist Ihre Immobilie also 800.000 Euro wert und Sie möchten sie an Ihr Kind übertragen, können Sie dies in zwei Schritten tun. Erst die Hälfte, zehn Jahre später die zweite Hälfte. So bleibt die gesamte Übertragung steuerfrei.
Auch die Kettenschenkung kann sich lohnen. Dabei schenken Sie zunächst Ihrem Ehepartner einen Teil der Immobilie, der wiederum schenkt an das Kind weiter. So nutzen Sie mehrere Freibeträge gleichzeitig. Aber Vorsicht: Das Finanzamt schaut hier genau hin. Die Kettenschenkung muss rechtlich sauber gestaltet sein.
[fs-toc-h2]3. Der Weg zum Notar ist Pflicht
Kommen wir zu einem Punkt, den viele unterschätzen: die notarielle Beurkundung. Bei Immobilien reicht kein formloser Vertrag. Sie müssen zwingend zum Notar. Dieser erstellt einen rechtssicheren Schenkungsvertrag und sorgt für die Eintragung ins Grundbuch.
Der Notar ist nicht nur Formerfordernis. Er berät Sie auch zu wichtigen Vertragsklauseln und prüft, ob alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Kosten richten sich nach dem Immobilienwert und liegen in der Regel bei 1,5 bis 2 Prozent. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, ist aber gut investiertes Geld. Denn Fehler bei der Schenkung lassen sich später nur schwer korrigieren.
Nach der Beurkundung kümmert sich der Notar um die Grundbuchumschreibung. Erst wenn der Beschenkte als neuer Eigentümer eingetragen ist, ist die Schenkung vollzogen. Bis dahin können Sie theoretisch noch zurücktreten.
[fs-toc-h2]4. Nießbrauch sichert Ihre Wohnrechte und Erträge
Jetzt kommt ein echter Gamechanger: der Nießbrauch. Damit behalten Sie sich umfassende Nutzungsrechte an der verschenkten Immobilie vor. Sie dürfen also weiterhin darin wohnen oder sie vermieten und die Mieteinnahmen kassieren.
Der Nießbrauch wird im Grundbuch eingetragen und gilt ein Leben lang. Der neue Eigentümer kann Ihnen diese Rechte nicht entziehen. Das gibt Ihnen maximale Sicherheit. Gleichzeitig mindert der Nießbrauch den steuerlichen Wert der Schenkung erheblich. Je nach Lebensalter und Mietertrag können 30 bis 50 Prozent vom Immobilienwert abgezogen werden.
Wichtig zu wissen: Mit dem Nießbrauch übernehmen Sie auch bestimmte Pflichten. Sie müssen die laufenden Kosten tragen, etwa Grundsteuer, Versicherungen und kleinere Reparaturen. Größere Instandhaltungen trägt dagegen der neue Eigentümer.
[fs-toc-h2]5. Wohnrecht als Alternative zum Nießbrauch
Das Wohnrecht ist die kleine Schwester des Nießbrauchs. Es berechtigt Sie lediglich, in der Immobilie zu wohnen. Sie dürfen sie aber nicht vermieten. Dafür ist das Wohnrecht in der Regel günstiger und einfacher zu handhaben.
Auch das Wohnrecht wird im Grundbuch vermerkt und mindert den Schenkungswert. Die Wertminderung fällt allerdings geringer aus als beim Nießbrauch. Für selbstgenutzte Immobilien ist das Wohnrecht oft die praktikablere Lösung. Sie bleiben in Ihren vier Wänden, ohne sich um Vermietungsfragen kümmern zu müssen.
[fs-toc-h2]6. Rückforderungsrechte im Schenkungsvertrag verankern
Nicht jede Schenkung verläuft so, wie ursprünglich geplant. Deshalb sollten Sie unbedingt Rückforderungsrechte im Vertrag festschreiben. Das Gesetz sieht bereits einige Rückforderungsgründe vor:
- Grober Undank des Beschenkten
- Verarmung des Schenkers
- Insolvenz des Beschenkten
Diese gesetzlichen Rechte reichen aber oft nicht aus. Empfehlenswert ist, zusätzliche vertragliche Rückforderungsgründe zu vereinbaren. Etwa für den Fall, dass der Beschenkte die Immobilie ohne Ihre Zustimmung verkauft oder belastet. Oder wenn er sich scheiden lässt und die Immobilie im Zugewinnausgleich landet.
Besonders wichtig: das Rückforderungsrecht wegen Verarmung. Wenn Sie nach der Schenkung auf Sozialleistungen angewiesen sind, können Sie die Immobilie zurückfordern. Allerdings nur innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung. Und nur, wenn Sie die Verarmung nicht selbst verschuldet haben.
[fs-toc-h2]7. Schenkung oder Erbschaft – was ist besser?
Diese Frage stellen sich viele Eigentümer. Die Antwort hängt von Ihrer persönlichen Situation ab. Beide Wege haben Vor- und Nachteile:
Vorteile der Schenkung:
- Freibeträge können alle zehn Jahre neu genutzt werden
- Sie gestalten die Vermögensnachfolge aktiv zu Lebzeiten
- Erbstreitigkeiten werden vermieden
- Pflichtteilsansprüche schmelzen nach zehn Jahren ab
Nachteile der Schenkung:
- Sie verlieren die Verfügungsgewalt über die Immobilie
- Bei Verarmung können Sie nur zeitlich begrenzt zurückfordern
- Notarkosten fallen sofort an
- Planung und Gestaltung sind aufwendiger
Die Erbschaft dagegen ist unkomplizierter. Sie behalten die volle Kontrolle bis zu Ihrem Tod. Allerdings können die Freibeträge nur einmal genutzt werden. Und Erbstreitigkeiten sind nicht ausgeschlossen.
In den meisten Fällen empfiehlt sich eine Kombination. Einen Teil des Vermögens schon zu Lebzeiten übertragen, den Rest vererben. So profitieren Sie von den Vorteilen beider Modelle.
[fs-toc-h2]8. Vorweggenommene Erbfolge strategisch planen
Die vorweggenommene Erbfolge ist mehr als nur eine Schenkung. Sie ist ein Instrument der Vermögensnachfolgeplanung. Dabei übertragen Sie Teile Ihres Vermögens bereits zu Lebzeiten an die künftigen Erben.
Der große Vorteil: Sie können die steuerlichen Freibeträge optimal ausnutzen. Durch zeitlich gestaffelte Schenkungen bleibt mehr vom Vermögen in der Familie. Gleichzeitig behalten Sie durch Nießbrauch oder Wohnrecht die Kontrolle.
Wichtig ist eine ganzheitliche Betrachtung. Berücksichtigen Sie nicht nur die geschenkte Immobilie, sondern Ihr gesamtes Vermögen. Denken Sie auch an Pflichtteile anderer Erben. Eine Schenkung kann deren Pflichtteilsanspruch schmälern, aber nur, wenn seit der Schenkung mehr als zehn Jahre vergangen sind.
Lassen Sie sich professionell beraten. Ein erfahrener Notar oder Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, die optimale Gestaltung zu finden. Die Investition in gute Beratung zahlt sich fast immer aus.
[fs-toc-h2]9. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten für mehr Sicherheit
Neben Nießbrauch und Wohnrecht gibt es weitere Absicherungsmöglichkeiten:
Leibrente: Sie erhalten monatliche Zahlungen vom Beschenkten. Das sichert Ihren Lebensunterhalt und mindert gleichzeitig den Schenkungswert.
Pflegeverpflichtung: Der Beschenkte übernimmt Ihre Pflege im Alter. Diese Verpflichtung sollte konkret formuliert und bezifferbar sein.
Wiederverheiratungsklausel: Wenn der Beschenkte erneut heiratet, können Sie die Schenkung widerrufen. Das schützt vor dem Zugriff eines neuen Ehepartners.
Solche Klauseln machen den Schenkungsvertrag individuell. Sie passen ihn an Ihre Lebenssituation an und schaffen Sicherheit für alle Beteiligten.
Eine Immobilienschenkung ist eine weitreichende Entscheidung. Sie bietet enorme steuerliche Vorteile, wenn Sie sie richtig gestalten. Die Freibeträge sind großzügig und können alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Das spart im besten Fall mehrere Hunderttausend Euro Steuern.
Doch die Schenkung hat auch Risiken. Sie geben die Kontrolle über Ihre Immobilie ab. Deshalb sind Absicherungen wie Nießbrauch oder Wohnrecht unverzichtbar. Auch vertragliche Rückforderungsrechte schützen Sie vor bösen Überraschungen.
Der Gang zum Notar ist Pflicht und gut investiert. Lassen Sie sich ausführlich beraten und nehmen Sie sich Zeit für die Vertragsgestaltung. Eine gut durchdachte Schenkung ist ein Gewinn für die ganze Familie. Sie ermöglicht einen geordneten Vermögensübergang und verhindert spätere Streitigkeiten.
Denken Sie langfristig und beziehen Sie alle Erben mit ein. Transparenz und offene Kommunikation sind der beste Schutz vor Konflikten. So wird die Schenkung Ihrer Immobilie zu einer echten Win-win-Situation.
Immobilie verkaufen oder vermieten? Sprechen Sie mit uns.
Jede Immobilie ist besonders – und jede Situation anders. Ob Verkauf, Vermietung oder Suche: Wir beraten Sie persönlich, ehrlich und mit dem Blick fürs Wesentliche.

